gewalt in bildungseinrichtungen


Es ist 1990. Anna ist vier Jahre alt und hat nachts Alpträume. Manchmal macht sie noch ins Bett und ihre Mutter überlegt dies einmal von einem Arzt überprüfen zu lassen. Dass Anna überhaupt nicht gerne in den Kindergarten geht, ist nicht so schlimm. Anstrengend, aber da muss sie halt durch, sagen die Erwachsenen. Es ist 1990. Anna ist vier Jahre alt und ihre Erzieherin Frau B. findet sie im Flur nachdem sie Anna im Gruppenraum gesucht hat. Anna sitzt seelenruhig, ganz vertieft im Spiel an dem schönen Holzpuppenhaus und spielt mit den Püppchen. Sie bemerkt ihre Erzieherin nicht, da sie in der frei gewählten Arbeit, wie einige Pädagogen sagen würden, in der Polarisation der Aufmerksamkeit vertieft ist und gerade im Spiel ihre geistigen Fähigkeiten, ihre Konzentration und die Selbstbeherrschung erhöht, ganz ohne ein Zutun von Erwachsenen. Ihre Erzieherin Frau B., reißt sie durch einen Griff im Nacken jäh aus dem Spiel. „Dieses dreistes Gör!“, kreischt Frau B. „Na dir werde ich noch Beine machen, ohne zu fragen einfach aus dem Gruppenraum zu schleichen!“ Sie zieht Anna am Nacken hinter sich her, setzt sie unsanft auf einen Stuhl an den Maltisch und knallt ein paar Buntstifte auf den Tisch, „Wir malen jetzt! Wir müssen eure Mappen fertigstellen.“ Anna weint nicht. Sie hat furchtbare Angst, aber sie weint nicht. Das würde alles nur noch schlimmer machen, das weiß sie. Also fängst sie an zu malen. Es ist 1993. Anna ist in der ersten Klasse der Astrid Lindgren Grundschule. Ihr Lehrer Herr O.  ist der Direktor dieser kleinen Schule. Seine Frau bringt ihm oft die Pausenbrote, die er zu Hause liegen lässt nach, damit er in der Pause nicht hungern muss. Sie sieht nett aus. Ob sie weiß, dass ihr Mann es nicht ist? Anna und ihre Klassenkameraden müssen nämlich ihre Hände jeden Morgen auf das Pult legen. Herr O. überprüft dann, ob die Fingernägel der Kinder kurz und sauber sind. Sind sie es nicht, lässt er sein großes Holzlineal knapp neben die Finger auf den Tisch sausen.  „Schweine. Alles Schweine.“ Auch wer im Unterricht redet, hat nichts zu lachen, diese Schüler müssen aufstehen, sich in eine Ecke stellen und dann bekommen sie den Mund mit einem riesigen Pflaster zugeklebt und müssen sich bis zur nächsten Stunde Spott und Hähme des Lehrers und der Mitschüler über sich ergehen lassen. Es ist 2007.  Anna ist eine junge Frau. Ihre gewaltvollen Erfahrungen die sie gemacht hat, sind nicht in Vergessenheit geraten. Sie hat eine Vision, einen Wunsch. Anna möchte dazu beitragen, dass es Kindern in Bildungseinrichtungen anders ergeht als ihr. Anna möchte Erzieherin werden. Sie macht ein Vorpraktikum im gleichen Kindergarten den sie selbst besucht hat. Mit den anderen Erzieherinnen sitzt sie am Mittagstisch. Sie versteht sich gut mit allen. Sie erzählen vom Wochenende und lachen viel. Ein Kind, dass nicht so gut Deutsch spricht, schiebt den Teller von sich. Es signalisiert ganz klar, es ist satt. Barsch wird ihm der Teller wieder vor den Oberkörper geschoben. „Wir essen hier auf!“ Ihm wird die Gabel vor den Mund gehalten, die andere Hand der Erzieherin liegt unter dem Kinn. Der Junge öffnet seinen Mund und als die Gabel leer ist, übergibt er sich über dem Teller. Die Erzieherin springt auf, packt den Stuhl, zieht ihn nach hinten und schreit. „Widerlich!“  Sie packt den Jungen am Arm und reicht ihm ein feuchtes Tuch. „Aufwischen, aber schnell!“ Anna wird Zeuge dieser sich wiederholenden Gewalttat. Doch sie ist wie gelähmt. Sie kann nicht darauf reagieren. Hat sie doch ihre eigenen Erlebnisse noch nicht aufgearbeitet. In den folgenden Berufsjahren sieht sie sich immer öfter, wie sie selbst gewaltvoll handelt. Jacken und Mützen unter Drohungen anzieht, ein Kind am Arm wegzerrt, obwohl es sich fallen lässt und nicht mit möchte.

Anna ist hilflos.

Hat sie doch selbst nie erfahren dürfen, wie es ist, wenn ihr Nein gehört wird. Gewalt in Bildungseinrichtungen ist eine gängige und vor allem akzeptierte Lösung für fast alle Arten von Problemen. Hilflosigkeit, Überforderung und fehlende alternative Strategien bestimmen den Alltag in vielen Bildungseinrichtungen. Doch wo fängt Gewalt an und vor allem wie können Pädagogen dem entgegenwirken? Zunächst einmal ist es wichtig, sich mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen. Was habe ich selbst erlebt, was ist meine Normalität und welches Bild vom Kind habe ich? Nur so können wir überhaupt Gewalt im Alltag erkennen, die Trampelpfade im Gehirn ändern und das Reiz-Reaktionsmuster, dass uns ungewollt gewaltvoll handeln lässt, oder Gewalt als notwendiges Übel akzeptieren lässt, verändert werden.

lerne mich persoenlich kennen

…und erfahre, wie du noch viel mehr einen Unterschied in der Welt von Kindern machen kannst. Ob als Eltern oder Pädagogen: Wir stehen immer vor der Herausforderung, das Beste für die Kinder rauszuholen. In einem ersten Gespräch finden wir heraus, was die nächsten Schritte sind.